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Erdogans Macht - vom Bosporus bis Oberhausen aus der Reihe "die story" WDR Fernsehen, Mittwoch, 29. März 2017, 22.10 - 22.55 Uhr

Köln (ots)

Ein Film von Marko Rösseler und Esat Mogul

Am 16. April sollen die Türken über eine Änderung ihrer Verfassung 
abstimmen - Präsident Recep Tayyip Erdogan will mehr Macht. Seit dem 
Putsch im Sommer vergangenen Jahres hat er alles daran gesetzt, das 
Land in seinem Sinne auf Linie zu bringen. Jetzt geht es auch darum, 
die in Deutschland lebenden Türken zu überzeugen. Wohin aber hat das 
System Erdogan bereits jetzt geführt? Eine Bestandsaufnahme. 

Erdem Gül zieht ein letztes Mal an seiner Zigarette. Er steht am 
Fenster seines Hotels in Istanbul - und vielleicht ist dies seine 
letzte Zigarette in Freiheit. Dem Journalisten soll der Prozess 
gemacht werden. Dabei hat er nur seinen Beruf ernst genommen, hat 
über illegale Waffenlieferungen von der Türkei nach Syrien berichtet.

In der Innenstadt von Ankara steht währenddessen Nuriye Gülmen - wie 
jeden Tag seit ihrer Entlassung. Die 34-jährige Frau hat ein Schild 
um den Hals: "Ich will meinen Job wieder". Der Akademikerin wurde 
gekündigt, weil sie angeblich eine Anhängerin des Predigers Fethullah
Gülen ist. Gülen soll hinter dem Putsch im Sommer stecken. Nuriye 
Gülmen aber ist weder eine Anhängerin Gülens noch eine Befürworterin 
des Putsches. Sie will nur ihren Job - genau wie tausende andere, die
aus dem Staatsdienst entlassen wurden. Mehr als 20 Mal wurde sie 
bereits verhaftet, dabei hat sie diverse Blessuren durch die Polizei 
erleiden müssen, ihre Nase wurde bereits zwei Mal gebrochen. 

Nur wenige hundert Meter weiter sitzt im Türkischen Parlament der 
Abgeordnete Ziya Pir von der Oppositionspartei HDP. Auch ihn hat die 
Polizei bereits zwei Mal abgeholt. Gleich soll er im Parlament gegen 
die Verfassungsänderungen reden, die Erdogan mehr Macht verleihen 
sollen. Aber welche Chance hat eine solche Rede noch in diesem Staat?

"Alles Blödsinn", sagt Bülent Bilgi, der Generalsekretär der "Union 
Europäisch-Türkischer Demokraten" (UETD) in Deutschland. Die UETD 
sieht eine gigantische Schieflage bei der Berichterstattung über die 
politische Entwicklung in der Türkei. "Durch die Verfassungsreform 
wird das Land demokratischer," behauptet er. Zu den Aufgaben der UETD
gehört unter anderem auch, Auftritte hoher Vertreter der 
Erdogan-Regierung in Deutschland zu organisieren. 

Die 1,4 Millionen Türken in Deutschland sind wichtig geworden für die
Erdogan-Partei und die Abstimmung über die Verfassung. Es könnte eng 
werden im April. Die Stimmung radikalisiert sich. Auch wer in 
Deutschland gegen Erdogan ist, muss mit Anfeindungen rechnen. Hasan 
Tuncer öffnet sein Mail-Fach und liest vor: Beschimpfungen, 
Drohungen, Anfeindungen. Er hatte es gewagt, nach dem Putsch für 
Besonnenheit und Mäßigung untereinander zu plädieren. Kurze Zeit 
später waren seine Autoreifen zerstochen. Tuncer sitzt im Stadtrat 
von Mülheim an der Ruhr. Sein Kollege von der SPD klagt: Auch Leute 
aus unserer Partei haben Drohungen von radikalen Türken erhalten... 

Währenddessen kommen immer mehr Türken nach Deutschland, die vor dem 
Erdogan-Regime fliehen, darunter zahlreiche Akademiker. Wie sehen sie
die Entwicklung in ihrem Land? Welche Hoffnungen haben sie noch auf 
eine Rückkehr? Und was erwarten sie von der deutschen Politik? 

Redaktion: Norbert Hahn

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Pressekontakt:

Annette Metzinger
WDR Presse und Information
0221 220 7100
annette.metzinger@wdr.de

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