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Heilbronner Stimme: Zwei Jahre nach Germanwings-Katastrophe - Eltern eines Opfers sagen: "Eine solche Tragödie kann jederzeit wieder passieren."

Heilbronn (ots)

Fast zwei Jahre nach der Germanwings-Katastrophe in den französischen Alpen üben Hinterbliebene Kritik an der juristischen Aufarbeitung. Annette Bleß aus Haltern, Mutter der bei dem Absturz getöteten Elena (15), sagte der "Heilbronner Stimme" (Dienstagausgabe): "Was die juristische Aufarbeitung des - so muss man es wohl sagen - größten Massenmordes der deutschen Nachkriegsgeschichte - in Deutschland betrifft, sind wir erstaunt darüber, dass diese einem einfachen Staatsanwalt übertragen wurde, der zudem wohl in einigen Fällen auf die Prüfung eventuellen Belastungsmaterials, das die Ärzte, die Fluggesellschaft und andere Dritte betrifft, verzichtet hat." Bleß fügte hinzu: "Es gab ja viele, die Bescheid wussten über den Gesundheitszustand des Copiloten. Es ist nicht nachvollziehbar, dass keiner schuld gewesen sein soll außer dem Copiloten. Da hätten wir uns wesentlich gründlichere Arbeit erhofft. Denn das heißt doch auch, dass das im Grunde jederzeit wieder passieren kann."

Annette Bleß und ihr Mann sind der Öffentlichkeit bekannt geworden, nachdem sie wenige Wochen nach der Katastrophe im Andenken an ihre Tochter die Elena-Bleß-Stiftung gegründet hatten. Die Stiftung fördert den internationalen Jugendaustausch und ermöglicht es Schülern, praktische Erfahrungen im Ausland zu sammeln. Dazu sagte Annette Bleß der Zeitung: "Wir wollten, dass Elena nicht nur in unserer Erinnerung weiterlebt. Als wir noch im März 2015 von der Zahlung einer sogenannten Soforthilfe durch die Lufthansa erfuhren, wollten wir diese auf gar keinen Fall für uns haben und entwickelten die Idee, die Träume von Elena in einer Stiftung weiterzuführen und das Geld zum Wohle Anderer zu verwenden. Da wir lange auf die Überführung warten mussten, hatten wir Zeit für die Gründung der Stiftung."

Die Betreuung durch die Lufthansa müsse man im übrigen "getrennt von der Frage eines angemessenen Schmerzensgeldes bewerten", sagte Bleß. "Die Lufthansa hat sich - was die Möglichkeit des Besuches der Unfallstelle und die Unterstützung der Angehörigen im Gedenken an die Opfer, insbesondere in Le Vernet, betrifft - jederzeit sehr gut und angemessen verhalten", ergänzte sie.

Zur Frage, ob es überhaupt so etwas wie ein angemessenes Schmerzensgeld geben könne, sagte Elenas Mutter: "Das ist ganz schwer zu beurteilen. Wir haben hier in Haltern zum Beispiel Eltern, die ihr einziges Kind verloren haben, die einen großen Teil ihrer Zeit, ihrer Kraft und ihrer Mittel investiert haben in die Entwicklung ihres Kindes. Die wissen, dass Sie ab jetzt und im Alter ganz allein dastehen und zum Beispiel nie Enkelkinder haben werden. Auf der anderen Seite trauern in großen Familien viele Angehörige. Diesen Schmerz in irgendeiner Form zu bewerten - das geht gar nicht. Wahrscheinlich muss man sich alle einzeln anschauen. Ob das juristisch möglich ist, weiß ich nicht. Aber moralisch betrachtet, müsste man es so machen."

Bisher hat die Elena-Bleß-Stiftung fünf inländische und ausländische Schülergruppen bei ihren Austauschen unterstützt. Darüber hinaus haben 13 Schülerinnen und Schüler Stipendien für Auslandsberufspraktika erhalten und neun Schülerinnen und Schüler für die individuelle Teilnahme an einem Austauschprogramm ihrer Schule. Die Stiftung erfahre viel Zuspruch und erhalte Spenden, betonte Annette Bleß. Sie sagte im Interview: "Die Stiftung ermöglicht es uns, dem unbeschreiblich Schrecklichen etwas Positives entgegenzusetzen. Das hilft nicht über den Verlust unserer Tochter hinweg. Aber es ist für uns und ein wenig vielleicht auch für andere ein Zeichen, dass das Schlechte in der Welt nicht das letzte Wort hat."

Einen Tag nach dem Germanwings-Unglück wäre Elena 16 Jahre alt geworden. Sie war mit 15 Mitschülern und zwei Lehrerinnen auf dem Rückweg von einem Schüleraustausch bei Barcelona.

Die Tragödie ereignete sich am 24. März 2015. Der Copilot hatte nach Erkenntnissen der Ermittler den Piloten ausgesperrt und dann Germanwings-Flug 4U9525 in den Alpen bei Le Vernet abstürzen lassen.

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