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Mittelbayerische Zeitung: Sichere Rente, aber nicht für alle
Die SPD hat ihr Konzept zur Alterssicherung vorgelegt. Die Union meint, darauf verzichten zu können.

Regensburg (ots)

Manchmal hilft ein Blick in die Vergangenheit, um die Probleme von Gegenwart und Zukunft des Rentensystems besser zu verstehen. Die Rente bleibt sicher! So plakatierte die SPD vor 41 Jahren. Davor hatte es heftige Turbulenzen gegeben. Die SPD-geführte Bundesregierung wollte allen Ernstes die versprochene Rentenerhöhung für das Jahr 1977 aussetzen. Ein Sturm der Entrüstung brach los. Franz Josef Strauß wetterte über den "Rentenbetrug" von Kanzler Helmut Schmidt. Kleinlaut nahm die damalige sozialliberale Koalition die Pläne vom Tisch. Die Renten wurden um üppige 9,9 Prozent herauf gesetzt. Legendär ist auch Norbert Blüms Auftritt im Jahr 1986. Mit Kleber und Pinsel brachte der damalige CDU-Arbeitsminister bei einer Werbekampagne eigenhändig das Plakat an die Litfaßsäule: Die Rente ist sicher! Seither wird dieser Satz gerne von Kabarettisten sowie Gegnern des umlagefinanzierten Rentensystems verwendet. Die Altersbezüge seien eben nicht sicher. Neben der inneren Sicherheit ist das Thema Alterssicherung eines, was den Menschen am heftigsten auf den Nägeln brennt. Vor allem denen, die bald oder bereits Rente beziehen. Jüngeren dagegen ist es scheinbar noch nicht so wichtig, wovon sie im Alter Leben werden. Ein Trugschluss. Es war nur ein Zufall, dass gestern sowohl 60 Jahre des Renten-Umlagesystems begangen wurden als auch eine Studie der Bertelsmann Stiftung heraus kam, die vor dramatisch steigender Altersarmut warnte. Das Umlagesystem, landläufig auch als Generationenvertrag bekannt, stellte seinerzeit einen grundlegenden Wandel in der Altersversorgung dar. Statt eines bloßen Zuschusses am Lebensende wurde das Modell der dynamisch wachsenden Rente geschaffen. Die Alterseinkommen wuchsen mit den Einkommen der Beschäftigten, die in das Umlagesystem einzahlten. Dieses System war sechs Jahrzehnte vor allem deshalb erfolgreich, weil es immer weiterentwickelt wurde. Es überstand die Flaute im Zuge der Ölkrise zu Beginn der 70er Jahre, war stark genug, die Kraftanstrengung der deutschen Einheit zu meistern, hielt dem Finanzmarkt-Crash von 2008/09 stand. Dabei gab es Vorschläge zuhauf, die umlagefinanzierte Rente abzuschmelzen und durch kapitalgedeckte Systeme zu ersetzen. In den USA und Großbritannien hat man gesehen, wie bitter es für die Betroffenen sein kann, wen Erspartes fürs Alter verloren geht. Das Thema Alterssicherung drängt mit Macht in den Wahlkampf. Vor allem, weil es eine zunehmende Zahl von Menschen geben wird, die im Alter von der Grundsicherung leben müssen, also im Alter arm sind. Derzeit sind davon zwar lediglich "erst" drei Prozent betroffen. Zumeist Frauen, die kaum berufstätig waren und Kinder großgezogen haben. In den nächsten Jahren kommen verstärkt jene Menschen hinzu, die "gebrochene Erwerbsbiografien" haben, also teilweise arbeitslos waren, Mini- und/oder Teilzeitjobs hatten, als Solo-Selbstständige gearbeitet haben. Man kann darüber streiten, ob in 20 Jahren wirklich jeder fünfte Ruheständler in Altersarmut wird leben müssen. Das Thema jedoch mit vielen Worten zu beschweigen, wie es die Union derzeit tut, geht gar nicht. Die SPD hat ihr Konzept vorgelegt, das etwa eine Solidarrente - oberhalb der Grundsicherung - für jene Menschen vorsieht, die 30 Jahre Beiträge in die Rentenkasse gezahlt haben oder 40 Jahre versichert waren. Zeiten von Arbeitslosigkeit inklusive. Die Union meint, auf ein Rentenkonzept verzichten zu können, weil mit den derzeit wirkenden Reformen alles in Butter sei. Das ist jedoch ein Trugschluss. Beitragszahler und Rentenbezieher wollen Sicherheit. Die Rente ist sicher, aber leider nicht für alle.

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