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Aachener Nachrichten: Kommentar: Zschäpe höhnt weiter Die wichtigsten Fragen sind immer noch offen Von Christina Merkelbach

Aachen (ots)

Nach zweieinhalb Jahren hat Beate Zschäpe ihr Schweigen gebrochen. Mit der Erklärung, die sie ihren Verteidiger Mathias Grasel gestern vorlesen ließ, zückt die 40-Jährige die Weibchenkarte. Sie inszeniert sich als naives, zart besaitetes Geschöpf, das auf der Suche nach Liebe in die Gesellschaft von verbrecherischen Neonazis geraten ist. Erst im Nachhinein will sie von den Morden erfahren und vollkommen entsetzt reagiert haben. Mitglied im NSU sei sie nicht gewesen. Eine Pistole habe sie nur angefasst, um sie - ganz pflichtbewusste Hausfrau - beim Aufräumen in den Schrank zu legen. Die Selbstdarstellung als Unschuld vom Lande passt nicht zu dem Eindruck, den Zschäpe seit Beginn des Prozesses hinterlässt. Als sensible Person mit moralischen Ansprüchen hätte sie die Hinterbliebenen der Opfer nicht immer wieder mit ihrem Verhalten vor den Kopf gestoßen. Etwa, indem sie während der Verhandlung teilnahmslos auf ihrem Laptop spielte, Bonbons lutschte oder mit ihren Anwälten plauschte und lachte. Auch hätte die Person, die gestern in der Einlassung beschrieben wurde, sich längst entschuldigt. Beate Zschäpe höhnt weiter, indem sie vortäuscht, zur Klärung der beispiellosen NSU-Verbrechensserie beitragen zu wollen. Sie weiß genau, was sie tut und sie weiß auch, wann es zu tun ist. So lehnte sie nach ihrer Verhaftung 2011 das Angebot ab, als Kronzeugin auszusagen. Interessiert hatte sie sich beim Haftrichter erkundigt, ob sie in dem Fall Namen nennen und Hintergründe berichten müsste. Als dieser bejahte, entschloss sich Zschäpe nach kurzer Bedenkzeit dagegen. Angesichts der erdrückenden Beweislast dürfte sie längst nicht mehr hoffen, mit einem Freispruch davon zu kommen. Zu Prozessbeginn mag das noch anders gewesen sein. Zielte doch die Strategie ihrer drei Verteidiger darauf ab, dass Zschäpe es durch ihr Schweigen dem Gericht unmöglich machen würde, sie wegen Mordes zu verurteilen. Schließlich habe sie nicht selbst geschossen. Doch da bislang fast alle Zeugen die Anklage stützen, kann Zschäpe bestenfalls mildernde Umstände erwarten. Die Rechtsextremistin, von Bekannten als dominant und selbstbewusst beschrieben, sieht ihre Felle davonschwimmen. Deshalb hat sie sich erklärt. Die wichtigsten Fragen der Hinterbliebenen sind weiter offen. Etwa, ob der NSU seine Opfer gezielt ausgesucht hat. Aus ihrer Sicht hätte Zschäpe auch weiterhin schweigen können.

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