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Deutsches Institut für Menschenrechte

Weltflüchtlingstag - Einschränkungen beim Familiennachzug sind menschenrechtswidrig

Berlin (ots)

Das Deutsche Institut für Menschenrechte erklärt anlässlich des Weltflüchtlingstags am 20. Juni und der heutigen Veröffentlichung der Empfehlungen des Menschenrechtskommissars des Europarats zum Familiennachzug:

"In Deutschland ist seit März 2016 das Recht auf Familienzusammenführung für nach Deutschland geflohene Menschen, die im Rahmen des Asylverfahrens als subsidiär Schutzberechtigte anerkannt worden sind, für zwei Jahre ausgesetzt. Das bedeutet, dass Menschen, die etwa aus Syrien geflohen sind, wo ihnen Folter, die Todesstrafe oder ernste Gefahr für Leib oder Leben infolge eines bewaffneten Konflikts drohen, momentan keinen Antrag auf Familienzusammenführung stellen können.

In der Praxis führt die Regelung dazu, dass Familien weit mehr als zwei Jahre voneinander getrennt sind, zumal die anschließenden Visaverfahren bei den deutschen Auslandsvertretungen oftmals etliche Monate oder auch über ein Jahr dauern. Dies verstößt eindeutig gegen die UN-Kinderrechtskonvention, nach der Anträge auf Familienzusammenführung ausdrücklich 'beschleunigt' und unter vorrangiger Berücksichtigung des Kindeswohls zu bearbeiten sind.

Auch jenseits dieser gesetzlichen Aussetzung des Familiennachzugs für die Gruppe der subsidiär Schutzberechtigten sind in der Praxis für unbegleitete Minderjährige, die als Flüchtlinge anerkannt sind, gravierende Verschärfungen beim Familiennachzug zu beobachten. Zunehmend wird deren minderjährigen Geschwistern der gleichzeitige Nachzug mit ihren Eltern nach Deutschland verwehrt.

So kann es beispielsweise passieren, dass den Eltern eines aus Syrien geflohenen 16-Jährigen Visa erteilt werden, den jüngeren Geschwistern hingegen nicht. Eine solche Praxis missachtet ebenfalls die grund- und menschenrechtlich verankerten Prinzipien der Familieneinheit und des Vorrangs des Kindeswohls. Die Praxis ist insbesondere auf einen Runderlass des Auswärtige Amts vom März 2017 zurückzuführen. In der Konsequenz führt sie dazu, dass auch die Eltern nicht nach Deutschland nachziehen, die Familie auseinandergerissen bleibt und die Betroffenen verzweifeln.

Der Rechtsanspruch auf den Nachzug von engen Angehörigen der Familie ist Teil des Rechts auf Familienleben, das für anerkannte Flüchtlinge und so genannte subsidiär Schutzberechtigte gilt. Dieses Recht ist nicht nur im Grundgesetz, sondern ebenso in zahlreichen Menschenrechtskonventionen wie der Europäischen Menschenrechtskonvention oder der UN-Kinderrechtskonvention verankert. Zudem muss beim Familiennachzug der in der UN-Kinderrechtskonvention verbriefte Vorrang des Kindeswohls beachtet werden.

Die unzulässigen Einschränkungen beim Familiennachzug führen zu gravierenden Erschwernissen bei der Integration der nach Deutschland geflohenen Menschen, etwa beim Deutschlernen, da sie ständig in Sorge um die eigenen Familienangehörigen in Konfliktgebieten sind. Hierbei geht viel Kraft der Menschen verloren. Je länger dieser Zustand andauert, desto größer wird die Gefahr, dass Menschen daran zerbrechen.

Eine heute (19. Juni) vom Menschenrechtskommissar des Europarats veröffentlichte Untersuchung untermauert, dass die Einschränkungen beim Familiennachzug in verschiedenen europäischen Staaten, darunter auch Deutschland, menschenrechtswidrig sind und beendet werden müssen."

Weitere Informationen

Das Recht auf Familie. Familieneinheit von Kindern und Eltern ermöglichen - auch für subsidiär Geschützte. Deutsches Institut für Menschenrechte (Stellungnahme 16.12.2016). http://ots.de/MuGTq

Stellungnahme des Deutschen Instituts für Menschenrechte zur öffentlichen Anhörung im Innenausschuss des Deutschen Bundestags am 20. März 2017 zum Familiennachzug (16.03.2017). http://ots.de/m2wR3

Realising the right to familiy reunification of refugees in Europe, Issue paper published by the Council of Europe, Commissioner for Human Rights, May 2017, published 19 June 2017. http://www.coe.int/en/web/commissioner/family-reunification

Pressekontakt:

Bettina Hildebrand| Pressesprecherin
Tel.: 030 259 359-14 | Mobil: 0160 96 65 00 83
hildebrand@institut-fuer-menschenrechte.de

Original-Content von: Deutsches Institut für Menschenrechte, übermittelt durch news aktuell

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