Alle Storys
Folgen
Keine Story von Börsen-Zeitung mehr verpassen.

Börsen-Zeitung

Börsen-Zeitung: Auf dem Holzweg, Kommentar zur Bankenunion von Bernd Wittkowski

Frankfurt (ots)

Es stimmt: Die Bankenunion ist eine Unvollendete. Gemeinsame Bankenaufsicht, einheitlicher Abwicklungsmechanismus und Ende Gelände. Da ist es allzu verständlich, dass die europäischen Institutionen allweil auf die Vergemeinschaftung auch der Einlagensicherung dringen.

Aus einem theoretischen Modell eines Staatenbundes mit Binnenmarkt, Währungs- und Bankenunion lässt sich ein nicht nur in Form einheitlicher Standards harmonisierter, sondern obendrein über grenzüberschreitende Unterstützungsmechanismen solidarisch wirkender Sparerschutz ja auch durchaus ableiten. So haben es zum Beispiel vor zwei Jahren die fünf "Europa-Präsidenten" (Parlament, Kommission, Rat, Eurogruppe und EZB) getan und schon damals für ein Rückversicherungssystem geworben. Die Pläne stießen, wie auch ein späterer Kompromissvorschlag aus dem Parlament, auf den entschiedenen und bis heute anhaltenden Widerstand einer ganz großen Koalition aller Säulen der deutschen Kreditwirtschaft und der Bundesregierung.

Nun legt Brüssel mit einem leicht modifizierten Konzept nach. Doch es bleibt dabei: Die EU-Kommission befindet sich auf dem Holzweg. Zunächst ist die "Logik" für einen vergemeinschafteten Einlagenschutz in einem einheitlichen Wirtschafts- und Währungsraum mitnichten zwingend. Wenn der - insoweit freilich flagrant gebrochene - EU-Vertrag mit der Nichtbeistandsklausel in Euroland die Haftung der Gemeinschaft oder einzelner Länder für Verbindlichkeiten eines anderen Mitgliedstaates ausschließt, warum müssen dann deutsche Sparer für Einlagen italienischer Bankkunden einstehen? Oder - das könnte uns auch mal blühen - griechische Sparer für Guthaben von Erika und Max Mustermann?

Doch von der Theorie ganz abgesehen: Die Ideen der Kommission gehen einfach an der europäischen Wirklichkeit vorbei, die sich unter anderem in einer regional sehr ungleich verteilten Masse fauler Kredite und in penetranten Bankenrettungen mit öffentlichen Geldern manifestiert. Die Risiken gehen die Banken auch unter einheitlicher Aufsicht weiterhin auf nationaler Ebene ein, die Haftung aber sollen in der Transferunion, die den Institutionen vorschwebt, alle übernehmen. Doch dieses Europa ist nicht reif für einen auch nur per Rückversicherung vermanschten Einlagenschutz.

Auch "Unvollendete" werden übrigens gerne gespielt und gerne gehört. Franz Schuberts Sinfonie in h-Moll wurde ein durchschlagender Erfolg - bei der Uraufführung 37 Jahre nach seinem Tod. Da kann auch die vergemeinschaftete Einlagensicherung noch ein wenig warten.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Börsen-Zeitung
Weitere Storys: Börsen-Zeitung
  • 27.09.2017 – 20:35

    Börsen-Zeitung: Vorlage für Merkel, Kommentar zur Europapolitik von Andreas Heitker

    Frankfurt (ots) - Emmanuel Macrons flammendes Plädoyer für eine Runderneuerung der EU war bereits die dritte große Europa-Rede, die in den letzten zwei Wochen gehalten wurde - nach Jean-Claude Junckers kontrovers diskutierten Ausführungen zur Lage der Union in Straßburg und Theresa Mays eher schwachem Brexit-Aufschlag in Florenz. Macrons Adressat war vor allem ...

  • 26.09.2017 – 20:45

    Börsen-Zeitung: Heimlicher Riese, Kommentar zu BNP Paribas von Bernd Wittkowski

    Frankfurt (ots) - Wird es nach dem deutsch-französischen Bündnis in der Bahntechnik bald eine französisch-deutsche Gemeinschaft zweier Großbanken geben? Es war ja zu hören, der Commerzbank-Aktionär Bund favorisiere BNP Paribas als Partner der Gelben, wenn der 15-prozentige Staatsanteil eines Tages reif für die Reprivatisierung sein wird. Interessanterweise haben ...

  • 25.09.2017 – 20:35

    Börsen-Zeitung: Mehr Wirtschaft gefragt, Kommentar zur Bundestagswahl von Angela Wefers

    Frankfurt (ots) - Gravierende Verluste der etablierten Volksparteien CDU, CSU und SPD, die Rückkehr der FDP nach vier Jahren und der erstmalige Einzug der AfD gleich als drittstärkste Fraktion in den Bundestag: Dies ist die Bilanz der Wahl 2017. Die Grünen haben entgegen den Erwartungen der Demoskopen ihre Position leicht ausgebaut. Sie liegen knapp hinter der den ...