Alle Storys
Folgen
Keine Story von Schwäbische Zeitung mehr verpassen.

Schwäbische Zeitung

Schwäbische Zeitung: Erfolg sieht anders aus - Leitartikel zu Islamist beim Verfassungsschutz

Ravensburg (ots)

Die Enttarnung eines Islamisten beim Bundesamt für Verfassungsschutz gilt den einen als Erfolg. Andere, die Geheimdienste per se als ein Übel empfinden, sehen die Tatsache, dass der Mann überhaupt so weit kommen konnte, als Beweis für das unprofessionelle Vorgehen der Sicherheitsbehörden. Vollkommen unangebracht scheint zumindest die Beschwichtigungsrhetorik aus Köln: es gebe keine Beweise, dass der Mann tatsächlich eine terroristische Gewalttat geplant habe. Nein, aber der 51-Jährige hat sich eingeschlichen, alle Sicherheitsüberprüfungen bestanden und ist nur dank der Aufmerksamkeit eines Kollegen und seiner eigenen Dummheit überführt worden. Ein Fahndungserfolg sieht anders aus.

Immer dann, wenn es massive gesellschaftliche Veränderungen gibt, steigt in der deutschen Verwaltung und bei den Sicherheitsbehörden der Bedarf an Experten. Das war nach dem Fall der Berliner Mauer und der deutschen Wiedervereinigung so: es brauchte Ökonomen in Massen, um Betriebe abzuwickeln und Verwaltungsstrukturen zu reformieren. Dass nicht alle, die damals kamen, einen guten Leumund hatten, wissen wir inzwischen. Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge musste dies Erfahrung machen und sich von eilig eingestellten Sachbearbeitern trennen, die inkompetent und überfordert waren.

Der Verfassungsschutz wie auch der für die Auslandsaufklärung zuständige Bundesnachrichtendienst richten sich sehr wohl auf die neue Bedrohungslage durch den islamistischen Terrorismus ein. Spezialisten für Arabisch oder Persisch wurden angestellt, ferner IT-Fachleute und Experten, die sich im Nahen Osten, in Afghanistan und Pakistan auskennen. (Übrigens hätte ein vergleichbarer Aufwand gegen den Rechtsterrorismus seinerzeit womöglich die Morde des NSU aus Jena verhindern können.) Die Erfolgsmeldungen des Bundesinnenministers wirken aber nicht nur darum verstörend. Die Erfahrung mit Maulwürfen bei Geheimdiensten zeigt, dass sie selten alleine agieren und mit weiteren Enttarnungen gerechnet werden darf.

Pressekontakt:

Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de

Original-Content von: Schwäbische Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Schwäbische Zeitung
Weitere Storys: Schwäbische Zeitung
  • 29.11.2016 – 20:53

    Schwäbische Zeitung: Der Mann für die scharfen Töne - Leitartikel zu Äußerungen Strobl

    Ravensburg (ots) - Was hat er sich wohl dabei gedacht, der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl? Quasi aus dem Nichts heraus prescht er mit einem Thesenpapier zur Flüchtlingspolitik vor, in dem die einen die vergiftete Handschrift der AfD erkennen, die anderen einen notwendigen Kompass für die Unionsparteien. Die Eingangsfrage lässt sich jedoch sehr ...

  • 22.11.2016 – 22:16

    Schwäbische Zeitung: Leitartikel zur Türkei - Europa war nicht ehrlich

    Ravensburg (ots) - Wer hat denn eigentlich jemals gemeint, dass die Türkei zu Europa gehört? Es ist noch nicht so lange her, da fanden sich viele in westlichen Regierungen und bei der EU, die es als konsequent angesehen hätten, wäre das große Land mit seinen 80 Millionen Einwohnern Teil der EU geworden. Auch damals war Recep Tayyip Erdogan an der Macht. Jetzt, wo ...

  • 17.11.2016 – 21:41

    Schwäbische Zeitung: Bloß keine Verklärung - Leitartikel zu Obama

    Ravensburg (ots) - Am Freitag reist Barack Obama aus Berlin ab - und viele in Europa blicken dem scheidenden US-Präsidenten geradezu sentimental hinterher. Die Gründe sind schnell erklärt: Der Mann ist ein leidenschaftlicher Politiker, ein charismatischer Typ, dazu ein Charmeur und brillanter Redner. Das hat er am Donnerstag bei seinem emotionalen Auftritt mit Kanzlerin Angela Merkel erneut bewiesen. Aber Obama wollte ...