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Schwäbische Zeitung: "Der Zuchtmeister schlägt ins Leere" - Leitartikel zur Einigkeit beim Thema Griechenland

Ravensburg (ots)

Die Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, gerne auch mal flapsig als "Zuchtmeister" tituliert, sind um ihren Job nicht zu beneiden. Sie müssen gewährleisten, dass die Fraktion "auf Linie" bleibt, dass die Mehrheit im Parlament, auf die sich die Regierung stützt, zuverlässig steht. Und das geht nun mal nicht ohne eine teils harte Hand.

Bei Konflikten wurde schon immer Druck ausgeübt, um Abweichler einzunorden. Das geschieht und geschah in der SPD, etwa unter dem legendären Herbert Wehner und später, als es um die Agenda 2010 ging, übrigens nicht weniger heftig als in der Union. Es liegt zudem in der Natur der Sache, dass diese Bemühungen um Einigkeit mit dem laut Grundgesetz freien Mandat eines jeden Abgeordneten kollidieren können. Immerhin stellen die Parteien die Abgeordneten für die Wahl auf, ohne deren Rückhalt ginge also für den Einzelnen nichts.

Gerade unter solchen Vorzeichen sind die 60 Nein-Stimmen aus der Union bei der Griechenland-Abstimmung allerdings ein Wert, der gegen den Fraktionsvorsitzenden spricht. Die Zahl deutet letztlich nicht darauf hin, dass Kauder "seinen Laden im Griff" hat. Wenn der Tuttlinger nun öffentlich den Griechenland-Abweichlern mit der Versetzung aus wichtigen Ausschüssen droht und von seinen Abgeordneten dafür teils ungewöhnlich saftige verbale Retourkutschen erhält, zeigt das deutlich, wie angespannt die Stimmung in der Unionsfraktion und wie genervt deren Vorsitzender von den Abweichlern ist.

Schwarz-Rot kann angesichts einer riesigen Mehrheit im Bundestag auch 60 Abweichler verkraften, deren Abstimmungsverhalten bei knapperen Mehrheitsverhältnissen im Übrigen wohl auch anders ausgefallen wäre. Die Debatte um seine Eignung als Fraktionsvorsitzender hat Kauder deshalb ohne Not selbst losgetreten und damit der Fraktion einen Bärendienst erwiesen. Denn dass die Reihen in der Union nun geschlossen werden, darf man bezweifeln. Im Gegenteil: Die Nein-Sager könnten sich nun erst recht ermutigt fühlen, weiterzumachen wie bisher.

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